Gebt den Arbeitsbienen eine Königin!

Bienen auf Honigwaben herumkrabbelnd
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Über männliche und weibliche Führungsstile und gekonntes Selbstmarketing

Frauen sind die besseren Manager, nur haben es die Firmen noch nicht gemerkt. Das meint der Karriereberater Martin Wehrle in seinem neuen Buch „Herr Müller, Sie sind doch nicht schwanger?!“ und erklärt, womit Frauen punkten können und was die Frauenquote mit der Gurtpflicht gemeinsam hat.

Angenommen, Sie besäßen ein großes Unternehmen und würden einen neuen Geschäftsführer suchen – wäre Ihnen eine Frau oder ein Mann lieber?

Bei gleicher Qualifikation würde ich die Frau vorziehen. Weil der weibliche Führungsstil besser in die moderne Arbeitswelt passt. Männer haben das Führen über Jahrtausende bei der Kirche und beim Militär gelernt. Es gilt das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Die Mitarbeiter müssen kommandiert, nicht überzeugt werden.

Und wenn die Männer jetzt rufen: „Man kann uns doch nicht alle über einen Kamm scheren!?“

Was rufen dann erst die Frauen? In fast allen Firmen läuft es doch umgekehrt: Gehobene Führungspositionen gehen automatisch an Männer – weil man(n) die Frauen offenbar über einen Kamm schert und ihnen Top-Management nicht zutraut. Zu Unrecht!

Was machen Frauen beim Führen anders als Männer?

Der klassische Alpha-Mann ist ein einsamer Wolf. Neulich hat mir ein Geschäftsführer stolz erzählt: „Dieses Jahr musste ich meinen Urlaub abbrechen, um mal wieder die Kastanien aus dem Feuer zu holen.“ Eigentlich müsste die Dienstkleidung eines solchen Chefs das Superman-Kostüm sein.

Und bei Frauen ist das anders?

Die meisten Chefinnen wären entsetzt, wenn die Geschäfte in ihrem Urlaub nicht liefen. Sie würden sich fragen: Was kann ich tun, um meine Mitarbeiter besser zu befähigen? Ihre Überlegungen gehen in eine sachlich-konstruktive Richtung. Dagegen denken viele Männer in Machtkategorien und horten Wissen.

Männer entscheiden einsam, sagen Sie. Müssen Frauen an der Spitze das nicht auch?

Die letzte Entscheidung nimmt einer Managerin niemand ab. Die Frage ist nur, auf welcher Grundlage sie gefällt wird. Ich beobachte, dass Chefinnen deutlich mehr als Männer kommunizieren: Sie beziehen Experten ein, hören der Basis zu und wägen gründlich ab.

Sind das nur subjektive Eindrücke von Ihnen?

Nein, es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Frauen ihre Mitarbeiter besser als Männer inspirieren, als Rollenvorbilder mehr taugen und den Führungsnachwuchs professioneller entwickeln. Außerdem zeigen viele Beispiele aus den USA: Managerinnen haben einen fantastischen Instinkt für die Bedürfnisse der Kunden.

Das heißt: Wir brauchen gar keine männlichen Manager mehr?

Und ob wir sie brauchen! Genauso dringend wie Frauen. Gemischte Teams arbeiten am effektivsten und erzielen über 50 Prozent mehr Gewinn. Kombinieren Sie die Risikofreude der Männer mit der Besonnenheit der Frauen – und Sie bekommen exzellente Entscheidungen.

Frauen gehen beim Führen also demokratischer als Männer vor. Wird ihnen das nicht als Entscheidungsschwäche ausgelegt?

Im Gegenteil! Wenn Mitarbeiter die Chance haben, bei einer Entscheidung mitzureden, tragen sie diese viel eher mit. Die eigentliche Arbeit findet heute in einem Raum statt, zu dem eine Führungskraft keinen Zutritt hat: dem Kopf des Mitarbeiters. Seine Gedanken und Ideen wird er nur dann einbringen, wenn er sich wohl und wertgeschätzt fühlt. Weiblichen Führungskräften gelingt es oft, ein solches Klima zu erzeugen.

Warum bekommen Frauen das eher hin als Männer?

Frauen definieren ihr Selbstbewusstsein nicht durch Unterwerfung anderer, sondern durch intakte Beziehungen. Sie sind einfühlsamer und finden die richtigen Worte. Nicht umsonst hat schon ein dreijähriges Mädchen einen doppelt so großen Wortschatz wie ein gleichaltriger Junge. Die weiblichen Gehirnhälften sind besser verknüpft, das fördert die Sprachfähigkeit. Die Gründe liegen in der Evolution: Der Mann ist ein gelernter Schweiger; bei der Jagd musste eine Gruppe stundenlang ohne Mucks verharren. Derweil haben die Frauen sich beim Sammeln und Haushalten unterhalten und Beziehungen pflegen können.

Was halten Sie von der Frauenquote?

Ich sehe das wie den Gurt beim Autofahren: Wer vernünftig ist, schnallt sich an, ohne dass ihn ein Gesetz zwingt. Aber wenn Firmen unvernünftig und immer noch auf Männer fixiert sind, kann eine Frauenquote helfen. Aber bitte nicht nur eine Quote für Aufsichtsräte und Vorstände – sondern für alle Management-Ebenen, auch die unteren!

Warum ist Ihnen das so wichtig?

Weil der Aufstieg von Frauen organisch verlaufen muss, ebenso wie bei Männern. Wer bislang nur Tempo 60 kennt, kann in der Formel 1 nicht mithalten. Dagegen lassen sich Frauen, die alle Führungsebenen durchlaufen haben, von Top-Managern nicht vorführen.

Viele Frauen lehnen die Quote ab. Warum?

Weil sie eine Befürchtung der französischen Philosophin Elisabeth Badinter teilen: Wer als Frau Hilfe beansprucht, gilt schnell als hilfsbedürftig, als kleine Bittstellerin. Niemand will auf dem Ticket der Quotenfrau nach oben reisen. Darum ist es so wichtig, dass Frauen nicht wegen der Quote aufsteigen – sondern wegen ihres Könnens!

Sehen männliche Chefs dieses Können denn?

Leider selten! Nach einer Studie der German Consulting Group sagen 94 Prozent der männlichen Führungskräfte: „Weibliche Talente“ stellen im Topmanagement keinerlei Mehrwert dar. Dabei weisen Studien aus den USA und Europa nach, dass weibliche Top-Manager die Unternehmensrendite um etwa 50 Prozent steigern.

Was können Frauen tun, um auch ohne Quote aufzusteigen?

Frauen müssen öfter nach der Macht greifen. Das beste Mittel, um eine Führungsposition zu bekommen: Handeln Sie schon vorher wie eine Führungskraft! Also auf Statussymbole achten, Machtspiele durchschauen und den Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Kommunikation beachten. Zum Beispiel will eine Projektleiterin ihre Kritik an einem Kollegen dämpfen, indem sie ein Lob voranstellt – und wundert sich dann, dass der Mann nur das Lob hört. Da sind klare Botschaften gefragt und gute Selbst-PR.

Frauen ist es unangenehm, viel Lärm um ihre eigene Leistung zu machen!

Was den Männern wiederum angenehm ist – dann kommt ihr Trommeln umso lauter durch. Hier müssen Frauen über ihren Schatten springen: Wer untertreibt, hat auch gelogen!

Buchcover Martin Wehrle: "Herr Müller, Sie sind doch nicht schwanger!?"Dieses Interview ist ein bearbeiteter Auszug aus Martin Wehrles neuem Buch „Herr Müller, Sie sind doch nicht schwanger?! – Warum das Berufsleben einer Frau für jeden Mann ein Skandal wäre“ (Mosaik, 2014). Der Manager Peter Müller, zur Frau verwandelt, muss zunächst mit einem reduzierten Gehalt, einem kleinen Dienstwagen und einem leeren Vorzimmer Vorlieb nehmen. Doch mit der Zeit gelingt es ihm, die männlichen Machtspiele zu durchschauen – und im Karriererennen durchzustarten.

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