Die Entscheidung, außergewöhnlich zu sein

Die Entscheidung, außergewöhnlich zu sein - rote Mohnblume in einem gelben Blütenmeer

Was durchschnittlich gute Leute nicht gewillt sind zu tun

René Redzepi ist ein bemerkenswerter Typ. Weil er für alle in der Wirtschaft Tätigen eine sprühende Inspirationsquelle ist, hat unsere Autorin schon einmal über ihn geschrieben. Er ist einer der innovativsten und besten Köche der Welt. Sein Restaurant NOMA in Kopenhagen wurde viermal zum besten Restaurant der Welt gekürt – aber dennoch hat es „nur“ zwei Michelin-Sterne.

Dass es bei aller Kochkunst, Innovationskraft und Kreativität „nur“ zwei Sterne sind, liegt daran, dass Redzepi so eigensinnig ist. Er pfeift auf einige der Vorgaben des Michelin für den dritten Stern. Er beugt sich dem Druck des „Systems Michelin“ einfach nicht, was auch finanzielle Einbußen für ihn mit sich bringt.

Robbenficker und Lebertranbude

Stattdessen setzt er sich seine eigenen Ziele: Bei der Gründung des Restaurants 2003 ließ er sich von Rezeptideen aus einem Überlebenshandbuch der schwedischen Armee inspirieren: In Kriegszeiten kann man sich nur auf das verlassen, was die Natur an Zutaten hergibt. Und so hat sich Redzepi selbst die Regel auferlegt, ausschließlich saisonale Produkte aus dem nordischen Raum zu verarbeiten. Er hat sich also selbst die Latte höher gelegt, als es sein müsste. Und das bedeutet Verzicht. Zum Beispiel Verzicht auf Kokosmilch, Curry, Tomaten oder Olivenöl als Zutaten oder auf Espresso zum Dessert – stattdessen kommen Radieschen, Rote Bete, Speck und Sanddorn auf den Tisch.

Diese Idee von „Zeit und Raum“ ist heute ein weltweiter Küchentrend, aber vor 15 Jahren war das in den Augen vieler so genannter Experten eine vollkommen schräge Idee. Und der Spott ließ nicht lange auf sich warten: „Robbenficker“ wurden er und sein Team aufgrund der begrenzten, nordischen Zutatenauswahl genannt, und sein Restaurant in Kopenhagen wurde als „Lebertranbude“ verhöhnt.

We want to be the ones laying the bricks

Doch dieser Spott war wie ein Turbolader für ihn. Was Redzepi so erfolgreich macht, sehen Sie in dem großartigen Dokumentarfilm „NOMA – My perfect Storm“. Der Film gibt einen tiefen Einblick in das Denken und Handeln dieses widerspenstigen und außergewöhnlichen Typs. Für uns die Schlüsselszene in dieser Doku: der Tag der Verleihung des Preises für das „Beste Restaurant der Welt“.

Redzepi, der eigentlich nicht damit gerechnet hat, wird als Gewinner auf die Bühne gebeten. Nach den üblichen Danksagungen an das Team und die Jury sagt Redzepi folgende Sätze, die uns fasziniert haben:

The road is not paved in front of us, a choice we make for we want to be the ones laying the bricks … Let’s keep failing together!

Das ist eine sensationell gute Aussage. Denn darin steckt die Wurzel des Unterschieds zwischen gut und außergewöhnlich: Schon einfach nur durchschnittlich gut zu sein, ist heute ziemlich anstrengend. Es erfordert harte Arbeit und jede Menge Kraft und Einsatz. Dafür gebührt jedem bereits großer Respekt. Das gilt nicht nur fürs Restaurantbusiness, sondern auch für alle anderen Branchen. Durchschnittlich gut zu sein ist eine Leistung … und für viele bereits Herausforderung genug.

Außergewöhnlich zu sein, ist eine Entscheidung

René Redzepi aber ist ein Verrückter. Er hat sich aus freien Stücken zu etwas anderem entschlossen: Er und sein Team haben entschieden, nicht nur gut, sondern außergewöhnlich zu sein. Noch mal: Das ist eine Entscheidung. Niemand hat das von ihnen gefordert.

Und es hat Konsequenzen. Wenn Sie diese Entscheidung für sich getroffen haben, dann müssen Sie dafür etwas tun, das über das Normale, Erwartbare hinausgeht. Sie müssen weitergehen, als die gebahnten Wege führen. Sie müssen die Straße unter sich pflastern, während Sie darauf gehen. Sie müssen sich ins Ungewisse voranscheitern. So wie das Redzepi und sein Team täglich tun.

Wenn Sie das wirklich wollen, dann sollten Sie sich jeden Tag aufs Neue diese Frage stellen: Was will ich HEUTE tun, was durchschnittlich gute Leute nicht gewillt sind zu tun?

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