Vom Kopf bis zum Herz ist es ein langer Weg

Unternehmerin Melanie Vogel im Interview

Melanie Vogel, zweifache Innovationspreisträgerin und Initiatorin der women&work, ist seit fast 20 Jahren passionierte Unternehmerin und schnupperte schon früh in die Welt von Business, Leadership und Innovation. Sie ist Dozentin an verschiedenen Hochschulen und Autorin. Ihr erstes Buch „Futability® – Veränderungen und Transformationen bewältigen und selbstbestimmt gestalten“ wurde am 12. Februar 2016 veröffentlicht. Ihr zweites Buch Raus aus dem Mikromanagement erschien am 14. Februar 2017.

Die Female Patronage Group der women&work besteht in diesem Jahr aus verschiedensten Frauen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden. In der Vergangenheit übernahm die Schirmherrschaft immer eine einzelne Politikerin. Warum haben Sie sich zu einer ganzen Gruppe von Schirmherrinnen entschieden?

Weil für uns das Thema Role-Models im Vordergrund steht und wir auch über die Schirmherrschaft das vielfältige Gesicht weiblicher Karrieren zeigen möchten. Es herrscht zurzeit noch nicht überall auf der Welt ein frauenfreundliches Klima und dem wollen wir mit Frauenpower entgegenwirken. Das 21. Jahrhundert ist geprägt von so vielen erfolgreichen Frauen, die leider viel zu wenig öffentlich in Erscheinung treten. Die Female Patronage Group dient auch dazu, diese erfolgreichen Karrierefrauen in den Mittelpunkt zu stellen und sie sichtbar zu machen.

Was hat Sie zur women&work inspiriert?

Als unser Sohn in den Kindergarten kam, hatten wir ein Aha-Erlebnis. Wir trafen dort nämlich auf viele hochqualifizierte Frauen, teilweise mit Abschlüssen von Top-Universitäten, die vor den Kindern im Management gearbeitet hatten und nun ihr Dasein in Teilzeit fristeten oder komplett aus dem Berufsleben ausgeschieden waren. So viel zum Fachkräftemangel. Das Potenzial liegt auf der Straße und das kann sich eine gesunde Volkswirtschaft eigentlich nicht erlauben. Wir wollten die women&work von Anfang an als einen hochkarätigen Business-Event inszenieren, bei dem die Stärken und Potenziale weiblicher Fach- und Führungskräfte im Mittelpunkt stehen. Wir arbeiten seit fast 20 Jahren im Recruiting und kennen daher den Bedarf und die Recruiting-Spielregeln sehr gut. Diese relevanten Insiderinformationen haben uns geholfen, aus der women&work in wenigen Jahren Europas größten Messe-Kongress für Frauen zu machen.

Sie sprechen von einem „Mindset-Change“, den Unternehmen brauchen, um zukunftsfähig zu bleiben, Futability® in einer VUCA-Welt zu sichern. Was verstehen Sie darunter?

Das Thema Frauen ist leider immer noch kein Selbstläufer. Sobald Unternehmen sich auf die Digitalisierung einstellen und im Zuge dessen umstrukturieren müssen, rücken Diversity und Frauenförderung häufig in den Hintergrund. Das frustriert mich sehr. Business bedeutet heute nicht mehr dasselbe, wie noch im 20. Jahrhundert. Unsere Welt ist VUCA geworden – volatil, ungewiss, komplex und mehrdeutig. Ich bin sicher, dass Unternehmen, die sich an diese Veränderungsdynamik nicht anpassen, früher oder später überrollt werden. Frauen spielen eine wichtige Rolle bei der Neugestaltung von Arbeit, Wirtschaft und Gesellschaft. Werden Frauen hier nicht aktiv einbezogen und in die Verantwortung genommen, wird der derzeitige Transformationsprozess ungünstig einseitig verlaufen. Auf rationaler Ebene ist das auch bei vielen angekommen, aber vom Kopf bis zum Herz ist es ein langer Weg.

Wo verläuft für Sie als Karrierefrau die Grenze zwischen beruflich und privat?

In den ersten Jahren konnte ich das gar nicht trennen, inzwischen gelingt mir das besser. Trotzdem gibt es bei mir keine klare Grenze, weil ich mit viel Leidenschaft arbeite. Als Ausgleich gönne ich mir Freiheiten. Wenn ich zum Beispiel keine externen Termine habe, fange ich erst um elf Uhr mit meinem zehn Stunden Arbeitstag an. Im Sommer nehme ich mir zwei Monate Pause, um Energie zu tanken, Strategien zu entwickeln, kreativ zu sein und Bücher zu schreiben. Genauso ist es in den drei Wochen zwischen den Jahren. Von der Kultur der Dringlichkeit habe ich mich befreit. Wenn man selbst keinen Druck erzeugt, erhält man auch wenig Gegendruck. Das hilft, der schnelllebigen Welt entspannter entgegenzutreten.

Wer oder was hat Sie selbst auf Ihrem Karriereweg nachhaltig beeinflusst?

Ich komme aus einer Unternehmerfamilie. Bei meinen Großeltern und meinem Vater war die Arbeit immer Thema, auch am Esstisch. Ich fand das aber nicht schlimm, sondern sehr spannend. Für mich gab es nie eine Alternative zum Unternehmerin sein. Als Unternehmerin ist es elementar, dass man eine innere Leidenschaft und Motivation mitbringt. Nur so lassen sich auch Rückschläge ertragen.

Worin sehen Sie bislang Ihre beste Entscheidung?

Wenn man sich für etwas entscheidet, muss man auch dahinterstehen, mit allen Konsequenzen. Unserer früherer Anwalt hat immer gesagt: „Duschen, ohne nass zu werden, geht nicht!“ Ich habe nie bereut, mein Studium abgebrochen zu haben, als ich gemerkt habe, dass es mich nicht dorthin bringt, wo ich hin will. Ich habe mich aus dem Studium heraus selbstständig gemacht und bin aus eigener Kraft an meinem Berufsziel Unternehmerin angelangt. Entscheidungen sind allerdings nicht immer bewusst, manchmal werden sie auch von äußeren Umständen beeinflusst. In der Gründungszeit vor fast 20 Jahren war es noch Usus ein Büro zu haben und Mitarbeitende mit festen Arbeitszeiten. Diese alten Strukturen sind uns in der ersten Krise nach 9/11 jedoch fast zum Verhängnis geworden. Wir mussten radikal umdenken und wurden agil, als die Idee agiler Unternehmen noch in weiter Ferne lag. Das ist jetzt fast 15 Jahre her. Heute haben wir völlig flexible Projektstrukturen, alle arbeiten von Zuhause, ein Großteil der Kommunikation mit unserem Team läuft virtuell. Und es funktioniert! Diese Erfahrung hat rückwirkend den Impuls für mein erstes Buch „Futability®“ gegeben.

Zu guter Letzt, Frau Vogel, welchen (Karriere-)Tipp würden Sie unseren Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?

Gerade für Frauen spielt gute Selbstvermarktung eine große Rolle, und die geht einher mit Authentizität. Bleiben Sie daher unabhängig und kultivieren Sie eine eigene Meinung. Im „postfaktischen“ Zeitalter ist das nicht so einfach. Doch gerade deshalb ist es wichtiger denn je, ganz bei sich selbst zu bleiben, mit einer klaren Haltung und einer klaren Fokussierung auf die eigenen Werte und Bedürfnisse.

Mehr zu Melanie Vogel finden Sie unter www.melanie-vogel.com.

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