Flexibel Verhandeln

Autorin Jutta Portner im Interview

Jutta Portner ist Verhandlungsberaterin und Management-Trainerin. Sie berät internationale Unternehmen und trainiert weltweit Führungskräfte in Verhandlungsstrategien. Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin von C-TO:BE | THE COACHING COMPANY. In ihrem neuen Buch „Flexibel verhandeln. Die vier Fälle der NEGO-Strategie“ (GABAL Verlag) zeigt sie, warum Verhandlungsprofis, die die große Klaviatur des Kooperierens und Konkurrierens beherrschen, einen Vorteil haben.

Frauen wird nachgesagt, sie seien das verhandlungsschwache Geschlecht. Sehen Sie, als Expertin für Verhandlungsführung, das genauso?

Erst neulich habe ich einen Workshop für Projektmanagerinnen geleitet. Diese Frauen waren alle etabliert im Beruf, hatten Spaß am Verhandeln und waren davon überzeugt, das bekommen zu können, was sie wollen. Ich denke, dass der größte Unterschied darin besteht, dass Männer früher mit dem Verhandeln anfangen. Frauen brauchen in der Regel mehr Berufserfahrung, viele weibliche Fachkräfte verbinden Verhandlungen mit unangenehmen Assoziationen. Eine Verhandlung entspricht dann schnell mal einem Gang zum Zahnarzt. Das muss aber nicht so sein, denn Verhandeln kann man lernen.

Wie schafft man es, die Angst vor dem Verhandeln loszuwerden?

Bleiben wir doch mal bei der Zahnarzt-Metapher: Je länger ich nicht dorthin gehe, desto größer wird meine Angst. Genauso ist es mit den Verhandlungen. So schwer es zu Beginn auch fallen mag, man sollte es einfach tun. Häufiger kleine Verhandlungen zu führen ist die beste Übung. Ich habe vor Kurzem einen Newsletter der Harvard-University mit dem Titel: „The Importance of Negotiation for Female Negotiators: Women Should Negotiate Hard“ bekommen. Darin war ein Interview mit Michelle Obama. Die ehemalige First Lady erzählte, dass auch sie nicht mutig genug war, bei ihrem ersten Arbeitsplatz nach dem Studium das Gehalt nach oben zu verhandeln. Sie war viel zu dankbar für den Job. Später, als sie eine Weile gearbeitet und das erste Kind bekommen hatte, traute sie sich das erste Mal, Forderungen zu stellen. Sie bekam alles, was sie wollte. Die Lektion: Verhandle hart und sei dir deines Wertes bewusst. Viele Studien bestätigen, dass zum Beispiel die Gender Pay Gap auch darauf zurückzuführen ist, dass viele Frauen erst gar nicht auf die Idee kommen zu verhandeln.

In Ihrem neuen Buch „Flexibel verhandeln“ skizzieren Sie vier verschiedene Szenarien einer Verhandlung: FREUND und FREUND, FEIND und FREUND, FREUND und FEIND sowie FEIND und FEIND. Welches dieser vier ist Ihrer Meinung nach das schwierigste?

Das ist stark abhängig von der Persönlichkeit. Die Situation FREUND und FREUND kann zum Beispiel für ein Alphatier sehr schwierig werden, wohingegen FEIND und FEIND viel Kraft kosten oder auch Spaß machen kann. Das Ganze ist sehr individuell.

Was hat Sie zu Ihrem Buch inspiriert?

Ich bin seit 15 Jahren Verhandlungstrainerin und habe vor allem bei Volkswagen in der Beschaffung Erfahrungen sammeln können. Das hat mich zu meinem ersten Trainingsbuch „Besser verhandeln“ inspiriert. Ich war immer Anhängerin des Harvard-Konzepts, dass auf kooperativen Verhandlungsmethoden basiert. Wenn sich der Partner aber weigert, kooperativ zu verhandeln, stößt dieses Prinzip an seine Grenzen. So ist mein neues Buch entstanden. Es hilft, die Situation in eine Kategorie einzuordnen und entsprechend zu reagieren. Man passt seine Taktik der Situation an, greift auf Muster zurück und schafft es so, seine Klaviatur zu erweitern und Unsicherheit vorzubeugen.

Was ist die größte Herausforderung, der Sie in Ihrem Berufsleben begegnen?

Bei Verhandlungen wird es immer schwierig, sobald die Emotionen hochkochen. Die Amerikaner nennen das die hot buttons, die dann gedrückt werden. Das provoziert dann das Muster „Aktion-Reaktion“, welches sehr kontraproduktiv ist. Da braucht man viel Professionalität, um trotzdem vernunftbasiert und bewusst zu verhandeln.

Wer oder was hat Sie selbst auf Ihrem Karriereweg nachhaltig beeinflusst?

Früher war ich wenig selbstbewusst. Andere konnten immer viel besser verhandeln, ich habe schnell aufgegeben. Irgendwann kam dann der Punkt, an dem mir klar war: Das muss auch anders gehen! Also habe ich angefangen andere, die das gut konnten, zu beobachten. Das, was ich gesehen habe, habe ich dann mit hochkarätiger Literatur abgeglichen. Bei den Ratgebern muss man da wirklich die Spreu vom Weizen trennen. Seitdem lässt mich das Thema nicht mehr los. Immerhin sind wir jeden Tag ständig in Verhandlung: privat und beruflich, intern sowie extern.

Worin sehen Sie bislang Ihre beste Entscheidung?

Die beste Entscheidung für mich war der Schritt in die Selbstständigkeit. Ich habe viel Gestaltungsspielraum und kann mich selbstbestimmt entwickeln. Dadurch bin ich motivierter und habe auch viel mehr Energie.

Zu guter Letzt, Frau Portner, welchen (Karriere-)Tipp würden Sie unseren Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?

Frauen sollten Verhandlungen nicht vermeiden, sondern sich bewusst auf sie einlassen und den Mut haben, es immer wieder zu tun. Und irgendwann macht das Verhandeln dann richtig Spaß!

 

Mehr über Jutta Portner finden Sie unter www.c-to-be.de. „Flexibel verhandeln“ können Sie hier erwerben.

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