So glänzen Sie vor Publikum

Portrait von Miriam Kaltenbrunner
© Privat

Praxisnahe Tipps (speziell für Frauen) von Sprachcoach Miriam Kaltenbrunner

Kennen Sie das? Lampenfieber, feuchte Hände und kurze Atmung vor einem Auftritt beispielsweise einem öffentlichen Vortrag, einer PowerPoint-Präsentation oder auch einem Job-Interview? Im Grunde sind das ganz normale Reaktionen auf eine ungewöhnliche Situation. Wie schaffen Sie es, Ihre Nervosität produktiv zu fokussieren? Wie bereiten Sie sich so vor, dass Sie Ihren Auftritt sicher meistern?

Hierzu haben wir einen echten Bühnenprofi befragt. Miriam Kaltenbrunner ist seit 2016 als Dozentin für Sprechtechnik und Sprachgestaltung für Sänger*innen an der Hochschule für Musik und Theater München tätig. Regelmäßig wird sie zudem als Sprachcoach für internationale Opernproduktionen in deutscher Sprache engagiert. Miriam Kaltenbrunner war lange Jahre festes Mitglied im Chor der Bayerischen Staatsoper, wo sie noch während ihrer Meisterklasse engagiert wurde. Sie weiß, was Lampenfieber ist und hat die passenden Tipps.

fm: Kannst du aus deiner Erfahrung als Sängerin und Coach sagen, dass Frauen vor Publikum mit anderen Hürden zu kämpfen haben als Männer? Und wenn ja, welche sind das?

Die beiden Welten, in denen ich mich bewege, unterscheiden sich natürlich stark voneinander. In der Welt des Theaters und der Oper finden sich in der Regel Menschen, die es, auch wenn sie hin und wieder mit Lampenfieber zu kämpfen haben, grundsätzlich lieben, auf einer Bühne zu stehen.

In meinen Coachings begegnen mir sowohl Frauen als auch Männer, die mit der Situation, alleine vor anderen zu stehen, um etwas zu präsentieren, Schwierigkeiten oder zumindest Verbesserungsbedarf haben. Ihre Hürden sind daher ähnlich.

Die größte Hürde, die mir immer wieder begegnet und die ich gut aus eigener Erfahrung kenne, sind die Selbstzweifel. Diese führen oft dazu, dass man bei einem Vortrag ständig eine innere Stimme mitlaufen hat, in der Psychologie bekannt unter dem Namen „Innerer Kritiker“, die alles, was man sagt oder tut, unmittelbar zensiert. In meinen Seminaren arbeiten wir daran, diesen „Inneren Kritiker“ zu erkennen und ihm einen angemessen Platz zuzuweisen.

Eine weitere Hürde ergibt sich dadurch, dass wir uns unserer eigenen Wirkung nicht immer bewusst sind. Diese gilt es, durch Feedback zu erfahren und danach durch gezielte Übungen an Stimme und Körpersprache zu erleben und zu steuern.

fm: Gibt es beim Thema Einsatz der Stimme vor Publikum Tipps, die du Frauen besonders ans Herz legen würdest?

Es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass in skandinavischen Ländern, in denen die Emanzipation schon früher fortgeschritten war, Frauen deutlich tiefer sprechen als in Deutschland. Mittlerweile finden sich aber auch bei uns, gerade unter meinen jungen Studentinnen, viele Frauen, deren Stimmen angemessen tief sind.

Dennoch würde ich sagen, dass es bei Frauen nach wie vor weit verbreitet ist, bei Unsicherheit oder in Situationen, in denen es einem wichtig ist, gut anzukommen, zu hoch zu sprechen. Das gilt es, zum Beispiel durch Tonaufnahmen zu erleben und dem durch gezielte Übungen und einem geschärften Bewusstsein entgegenzusteuern.

Darüber hinaus beobachte ich, dass vor allem Frauen dazu neigen, zu schnell zu sprechen. Meine Vermutung ist, dass es Frauen manchmal schwerer fällt, sich Raum zu nehmen, sei es in der U-Bahn genauso viel Sitzfläche wie der Mann neben mir zu beanspruchen oder eben auf der Bühne selbstverständlich genau so viel Redezeit. Hier ist mein Tipp: Nehmt Euch Zeit, sprecht abwechslungsreich mit Höhen und Tiefen und ja, sogar Pausen, dadurch wird Euer Vortrag interessant und kurzweilig.

fm: Wie sieht eine gute Vorbereitung vor einem wichtigen Auftritt vor Publikum aus?

Zuallererst steht selbstverständlich die inhaltliche Vorbereitung. Als Nächstes stellt sich die Frage, wie ich den Inhalt präsentiere, welches Medium wähle ich, welche Folien. Ich persönlich investiere gerne viel Zeit und Energie in diesen Teil der Vorbereitung, da er sich vollkommen von mir steuern und kontrollieren lässt. Das gibt mir Sicherheit für den Vortrag oder das Seminar, in dem dann vielleicht auch mal unvorhergesehene Dinge passieren können.

Aber spätestens seit der berühmten Studie des Psychologen Albert Mehrabian wissen wir, dass der Inhalt weniger wirksam ist, wenn er mit Stimme und Körpersprache nicht kongruent ist. Das heißt, wenn ich zum Beispiel die Begeisterung, die ich für ein Thema habe, nicht in der Stimme hörbar und im Körper sichtbar mache, werde ich meine Zuhörer*innen nicht in dem Maße erreichen, wie ich das möchte. Daher muss ich auch die stimmliche und körperliche Präsentation üben. Hierzu kann ich mich mit einem Diktiergerät oder per Video aufnehmen, um zu hören und zu sehen, wie ich von außen wirke. Darüber hinaus kann es helfen, den Vortrag vorab schon mal vor Freunden oder Kollegen zu halten.

Wenn das nicht ausreicht, kann ich auch ein paar Coaching-Einheiten nehmen, um gezieltes Feedback und daraus resultierende individuelle Übungen zu bekommen. Ich kann zum Beispiel lernen, wie ich lauter oder langsamer spreche und wie ich meinen Vortrag abwechslungsreich gestalte. Sollte ich immer wieder unter Lampenfieber leiden, kann ich im Coaching lernen, wie ich damit umgehe und bekomme Handwerkszeug, um mich selbst zu beruhigen.

Unmittelbar vor dem Auftritt sollte ich mich fragen: Was möchte ich mit diesem Vortrag heute erreichen? Was ist meine Motivation? Was ist mein Ziel?

Und noch ein letzter Tipp: Ich sollte mir vergegenwärtigen, dass ich normalerweise im Zweiergespräch gut und mühelos reden kann, auch ohne Vorbereitung. Etwas von diesem Grundgefühl hat mir persönlich schon oft in Vortragssituationen geholfen.

fm: Was sind deine beiden wichtigsten Learnings aus deiner Erfahrung auf der Bühne?

Eine gute Vorbereitung ist essentiell. Sie gibt mir Sicherheit und Freiheit auf der Bühne. Ist der Moment des Auftritts gekommen, lasse ich los und vertraue darauf, dass das, was ich mir erworben habe, in meinem Unterbewusstsein abgespeichert ist und mir zur Verfügung steht. Ich genieße den Austausch mit den Menschen und blicke nach vorn.

fm: Vielen Dank für deine tollen, praxisnahen Tipps. Wir werden sie für unsere Vorträge auf der herCAREER beherzigen!

Treffen Sie uns am 12. und 13. Oktober 2023 auf der herCAREER in München. Wir freuen uns sehr auf den Austausch mit Ihnen und geben zahlreiche karriererelevante Tipps in unseren spannenden Vorträgen. Schauen Sie gerne vorbei!

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